Das Kultauto Fiat 500

Ein süßes kleines Mäuschen, dieser Fiat 500. Von seinen Fans wird er liebevoll "Moggl" oder "Rennsemmel" genannt. Eigentlich sieht man es ihm gar nicht an, daß er sich bereits seit einigen Jahren Oldtimer nennen darf. Man mag fast nicht glauben, daß der erste 500er bereits vor über 40 Jahren, nämlich im Herbst 1957 gebaut wurde.

Der Fiat 500 wurde zu seinen besten Zeiten in vielen verschiedenen Karosserieversionen hergestellt. Es gab ihn als Standard-Limousine, Halbcabrio, Kombi, als sportlichen Steyr-Puch und sogar als hübsches Cabrio.

Wir haben einen uralten Test von 1960 für Sie ausgegraben, den wir Ihnen an dieser Stelle natürlich nicht vorenthalten möchten.


Der Fiat 500 wird seit Herbst 1957 gebaut; die Tages-Produktion liegt bei 500 Wagen, etwa 10-12% der Produktion werden in Deutschland gebaut, Gesamtstückzahlen gibt Fiat von jeher unverständlicherweise nicht bekannt; der 500 ist auf ca. 100 000 Stück zu schätzen.


Form: Muster an Sachlichkeit und geschickter Gliederung
Durch geschickte Aufgliederung der Karosserieseiten wirkt der Wagen bei weitem nicht so kurz und hoch, wie er ist; zweifellos ein Meisterwerk an Formgestaltung! Schön soll er nicht sein. Wer Schönheit will, muß für die Bianchina zahlen. Wer Ornamente will, für den Weinsberg. Kritik: Die Rückfensterpartie des Halbdaches beim 500 Luxus wirkt gegenüber der Lösung des Puch- Fiat etwas kahl.

Raum: Zweisitzer mit Notsitz- oder Gepäckraum
Trotz Rücksitzbank (ausreichend mit Schaumgummi gepolstert), trotz Polsterung gegen Kopfstoßen seitlich über dem Rücksitz, trotz Zulassung für vier Personen, ist der Fiat 500 doch ein Zweisitzer geblieben, in den man zur Not mal zwei Erwachsene hinten hineinstopfen kann. Wir konnten in unsere Schnittzeichnung keinen Personenumriß hinten hineinsetzen weil beim Fiat 500 das Dach zu knapp für aufrechte Kopfhaltung abschließt. Vorn sitzt man im Fiat 500 tadellos, große Türöffnung und hohes Lenkrad beseitigen Probleme für sehr groß gewachsene Fahrer, lästig für sie ist jedoch die niedrige obere Windschutzscheibenbegrenzung. Vordersitze im ganzen vorklappbar, Hineinkriechen nach hinten zumutbar. Türen mit Scharnieren hinten bedeuten Einstiegserleichterung, heutige Sicherheitsforderungen begünstigen aber (wegen des Aufklappens gegen Fahrtwind) Türen mit Scharnieren vorn. Gepäckablagemöglichkeit unter der Bughaube minimal (Aktentasche), kein Gepäckraum.


Sicht: Höhere Windschutzscheibe erwünscht
Blick auf Verkehrsampeln auch für kleinere Fahrer nur mit Bücken, Fensterpfosten vorn wirken durch Nähe sehr breit, Umrandungen der Schwenkfenster schränken Gesichtsfeld weiter ein. Im ganzen aber doch Gewöhnungssache; nur großgewachsene Fahrer klagen auf die Dauer. Bei der Probefahrt gleich darauf achten! Rundsicht sonst tadellos, ideale Übersichtlichkeit des kleinen Wagens. Flexible Rückscheibe des Modells Standard wird trotz Pflege (am besten mit Plexiglaspflegemittel) auf die Dauer durch Kratzer trübe; Auswechseln (mit Naht statt Kleben) oder Einbau des Daches des 500 Luxus mit fester Scheibe möglich. Doppelte Sonnenblenden auch beim Standard; sie reichen sehr tief, fast zu tief. Blick auf den Außenspiegel nicht ideal.

Sitzen und Bedienung: Beinraumlänge knapp für große Fahrer, sonst sehr gut durchgearbeitet
Man sitzt hoch genug, um das fatale Straßenfloh-Gefühl zu verlieren, überraschend geräumiger Beinraum, einfache Sitzverstellung in Fahrt, nach hinten etwas knapp für lange Fahrer, sie winkeln die Knie höher. Manche mögen es, manche nicht. Bedienungsorgane sämtlich sehr günstig angelegt, nur spürt man an Brems- und Kupplungshebel, daß sie dem Fuß in etwas zu starkem Winkel entgegenstehen, man gewöhnt sich bald unbewußt an, sie mit leicht angehobener Sohle zu treten. Die Handhebel vorbildlich im Griff; Lichtstufen, Lichthupe und Blinker werden mit Fingerhebeln an der Lenksäule geschaltet, Lichthauptschalter als Kippschalter in Armaturenbrettmitte, Ausschalten sämtlicher Stromabnehmer beim Ausschalten der Zündung, wenn nicht Zündschlüssel in Sonderstellung herausgezogen, Blinker mit Rücksteller, abschaltbare Armaturenbrettbeleuchtung, zu den normalen Anzeiqeleuchten für Ladunq, Blinker und Fernlicht noch Anzeigeleuchte für eingeschaltetes Licht (nicht blendend) und für Kraftstoffreserve. Das Handgas sollte nur für schnelleren Leerlauf bei kaltem Motor und für Werkstattzwecke benutzt werden, auf Autobahn gefährlich. Brems- und Schalthebel tadellos im Griff, ebenso Anlasser- und Starthilfehebel zwischen den Sitzen.

Ausstattung: Nur größerer Handschuhkasten fehlt
Doppelte Sonnenblenden wie schon erwähnt, kleines (zu kleines) Ablagefach unter Armaturenbrett, Handschuhkasten wie beim Puch oder Türtaschen wie beim Weinsberg sehr erwünscht, Aschenbecher u. ä. kann bei so billigem Wagen nicht serienmä8ig verlangt werden und ist billig einzubauen. Wichtiger ausstattungsmäßiger Vorteil des 500 Luxus gegenüber dem Standard die Kurbelfenster in den Türen; der Standard hat nur die Schwenkfenster, und man kann bei ihm auch nicht das Klappdach so leicht öffnen wie beim Teilklappdach des Luxus. Öffnet man das Klappdach beim Standard, so gibt es bei höherer Geschwindigkeit Zugluft im Nacken. Deshalb – nur deshalb – ist das Luxusmodell zu empfehlen, immerhin ist aber beim Standard nachträglicher Einbau von Kurbelfenstern möglich, pro Stück etwa 50 DM. Die frühere Fußraumbelüftung ist leider weggefallen. Gute Heizung, Heizleitung überträgt leider Motorgeräusche. Schlichte Polsterstoffe.

Fahreigenschaften: Erstklassig
Fahrer und Fachwelt sind sich einig, daß der Fiat 500 absolut vorbildliche Fahreigenschaften hat: Präzise Lenkunq, stoßfrei, sauber geradeausführend, feinfühlig in der Kurve. Dazu ausgeglichene Kurveneigenschaften ohne Übersteuerneigung, ausgeglichene Federung trotz gar nicht großer Federwege, kein Nicken trotz kurzem Radstand, keine böse Kurvenneigung, keine Seitenwindempfindlichkeit. Sehr gute Bremsen. – Ein ideales Fahrwerk!

Motor: Gedämpftes Temperament, dafür aber sparsam
Trotz spürbar mehr Lebendigkeit als früher doch immer noch ein Motor mit Drosselcharakteristik. Sauberes Ziehen schon aus niedrigen Drehzahlen, die Laufcharakteristik vermittelt den Eindruck, daß mehr Hubraum drinsteckt. Im ganzen trotz durchaus verkehrsgerechtem Temperament bewußte Drosselcharakteristik mit etwa 28-30 sec von 0 bis 80 km/h (Steyr-Puch-Fiat 19-20 sec!). Mehr ein Motor für Alltagsfahrer als für sportliche Temperamente, daraus erklärlich auch die außerordentlich niedrigen Durchschnittsverbräuche, die zumeist unter 6,5 Liter bleiben. Günstigster Fall: knapp 5,5 Liter (Fernstrecke), unqünstigster: knapp 8 Liter (volle Besetzung, Gebirge und Kurzstrecke). Geräusche: Nachteil des 500 Luxus ist ein Dröhnen des Blech-Halbdaches bei hohen Drehzahlen, aber auch ohne Resonanzen ist das Triebwerk laut, wenn auch nicht in unangenehmer Frequenz. Damit muß man sich nun einmal bei einem Kleinwagen mit luftgekühltem Zweizylindermotor abfinden, Ein gewisser Meinungsstreit entwickelte sich unter Kennern des Fiat 500 zu der Frage, ob der Wagen langes Dauervollgas vertrüge; man hört von qebrochenen Auslaßventilen. Dazu kann man nur sagen, daß man grundsätzlich bei allen kleinen Viertaktern länger dauerndes Überdrehen vermeiden sollte, wenn der Wagen vorher lange im Kurzstreckenverkehr gefahren ist, der aufheizende Rückstände an den Ventilschäften hinterläßt. Ferner muß man sich sagen, daß extremes Überdrehen über 100 km/h=5000 U/min hinaus gar nichts bringt und daß die Qualitäten des Fiat-Motors sich bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa 85 km/h (=nur 4250 U/min) in besonderer Harmonie zeigen. Wir haben unseren eigenen 500 immer extrem gejagt, ohne Kummer zu haben, halten nach Auswerten aller Erfahrungen aber die genannten 85 km/h für einen guten Kompromiß. Man braucht aber vor dem Überdrehen bis 100 km/h=5000 U/min keine Furcht zu haben. Beachten: Tachometer eilen zumeist ca. 10% vor (100 Tacho-km/h=90 echte).

Getriebe: Keine Synchronisation, aber vorbildlich zu schalten!
Das Getriebe braucht natürlich Drehzahlanpassung mit Zwischengas, aber es schaltet sich so exakt und butterweich, daß uns nur das Beispiel des Puch-Fiat 500 mit seinem für Kleinwagen vorbildlichen Getriebe (II-IV synchronisiert) veranlaßt, unter die Wunschliste für den Fiat 500 ein synchronisiertes Getriebe aufzunehmen.

Urteil des Fahrtesters:
Kleiner Zweisitzer mit Notsitz oder Gepäckraum, großer Nutzraum auf kleinem Fahrwerk, hervorragende Fahr- und Federungseigenschaften, wendig und übersichtlich, praktisch und geschickt angelegte Bedienungsorgane, geringer Preis trotz sorgfältiger konstruktiver Durcharbeitung und guter Ausstattung, Motor mit idealen Eigenschaften für Kurzstreckenverkehr, auf Langstrecke zuverlässig, wenn auch über 70 km/h abfallendes Temperament. Ein Wagen, der klar erkennen läßt, was er bietet; in seiner Art immer noch konkurrenzlos Wünsche: Für Standard-Modell Kurbelfenster links und Teilklappmöglichkeit des Verdecks. Für 500 Luxus Ausarbeitung des Halbdaches hinten ähnlich wie beim Puch-Fiat 500. Für beide: Größeres Ablagefach im Armaturenbrett zugänglichere Gaspedallagerung, Lagerung von Kupplung und Bremspedal etwas zum Fahrer hin verlegt, höhere und möglichst auch breitere Windschutzscheibe. Mehr Aufmerksamkeit im Werk gegenüber Verarbeitungsflüchtigkeiten. Hubraumvergrößerung von 476 auf 499 ccm würde Steuergrenze voll ausnützen und den Kraftreserven zugute kommen.

Fiat 500 Weinsberg – deutsche Abänderung der Serienkarosserie
Es gibt zwei Weinsberg-Ausführungen zum gleichen Preis von 3720 DM einschließlich Heizung und Schiebedach (Weißwandreifen + 50 DM): Das Weinsberg-Coupe und die Weinsberg Limousette. Sie unterscheiden sich nur in der Gestaltung des Rückfensters: Das Coupé hat hinten eine Panoramascheibe, der Kopfraum über der Rücksitzbank reicht nur für kleine Kinder (bis etwa 7 Jahre). Die Limousette sieht mit hinteren Seitenfenstern und steilerer, flach gewölbter Rückscheibe wie eine kleine Limousine aus, daher der Name. Etwas reichlicher Kopfraum als beim Coupé, aber doch knapper als bei der normalen Fiat 500 Limousine. Beide Weinsberg-Modelle sind Zweisitzer mit Raum für 2 Kinder oder Gepäck, nur zur größten Not kann es für Erwachsene reichen, trotz einladend gepolsterter Rücksitzbank. Die beim Weinsberg verwendeten deutschen Reifen 4,40-12 statt der 125 – 12 des normalen Fiat 500 zeigen, daß auch das Werk den Weinsberg als Zweisitzer betrachtet; ihre listenmäßige Höchsttragfähigkeit ist etwas geringer als beim etwas breiteren 125 – 12. Die Weinsberg-Ausführung entsteht im Gegensatz zur unten beschriebenen Bianchina aus teilmontierten Serienkarosserien, die im Karosseriewerk Weinsberg bei Heilbronn durch aufgesetzte Karosserieabschlüsse vorn und hinten, höhere Bughaube, anderen Dachabschluß und entsprechend veränderte Motorhaube ergänzt werden. Dabei erhalten die Wagen durch einige Ausstattungserweiterungen den Charakter einer Luxusausführung: echtes Schiebedach statt Klappdach, Bugornament, besondere Stoßstangen, serienmäßige Zweifarbigkeit und Radzierblenden, Aschenbecher im Armaturenbrett, freundlichere Polsterstoffe, breite Taschen in den Türen. Vorteilhaft ist der Ablageraum vorn, der dadurch ermöglicht wurde, daß das Reserverad unter der höheren Haube auf den Tank gelegt werden konnte. Äußerlich ist der Weinsberg nicht ganz glücklich geraten; man spürt, daß die Karosserie nicht aus einem Guß ist. Das wurde bei der Ausführung am bisherigen allzu sichtbar abgesetzten hinteren Seitenteil besonders deutlich; die durch ein Ornament kaum zu verbergende Ansatzstelle wurde bei der neuen Ausführung durch einen glatten Seitenstreifen geschickter abgedeckt, unglücklich bleiben immer noch die stark abfallenden und nach vorn zusammenlaufenden Scheitelkanten an den Karosserieseiten vorn. In Fahrleistung und Fahreigenschaften entspricht der Weinsberg voll dem normalen Fiat 500. Tagesproduktion 14 Wagen.

Bianchina – italienische Sonderkarosserie, auch mit 19 PS
Die Firma Autobianchi, mit Fiat sehr freundschaftlich verbunden, baut ohne den Namen Fiat die Bianchina (Produktion täglich 60 – 70 Wagen) auf Fiat 500-Fahrwerk. Preis einschließlich Heizung 3750 DM, Weißwandreifen 50 DM. Diese Karosserie hat gegenüber dem normalen Fiat 500 und dem Weinsberg den Vorteil einer breiteren und höheren Windschutzscheibe, ist also nicht nur für die Liebhaber eines stilsicher gezeichneten hübschen kleinen Wagens zu empfehlen, sondern auch für die Fahrer, denen der obere Windschutzscheibenabschluß der normalen Karosserie zu niedrig ist. Abgesehen davon ist die Raumaufteilung gleich, der Kopfraum über der Rücksitzbank ist sehr knapp wie beim Weinsberg-Coupe; die Bianchina ist zweifelsfrei ein Zweisitzer. Die Bianchina hat das Vollklappverdeck wie der Fiat 500 Standard, die Fenster der breiten Türen sind rahmenlos, in geöffneter Stellung ragt die Oberkante um knapp 3 cm aus der Tür heraus. Die Ausstattung wirkt durch geringe Retuschen und voll versenkte Türschlösser wesentlich eleganter als beim Fiat 500. Der Raum unter der Vorderhaube entspricht dem Normalmodell. Die Bianchina wird neuerdings auch als Cabriolet geliefert; bis jetzt ist es noch sehr rar, und es wird auch rar bleiben, da es mit 5430.– DM sehr teuer ist. In diesem Preis ist allerdings enthalten, daß das Cabriolet mit dem 19-PS-Sportmotor ausgestattet ist, mit dem man für 400.– DM Mehrpreis auch die normale Bianchina als Bianchina-Spezial erhalten kann, die damit also 4150.– DM kostet.

Der 19 PS-Sportmotor
An diesen Sportmotor knüpfen sich viele Hoffnungen sportlicher Fiat-500-Fahrer, er wird jedoch im Normalwagen und auch im Weinsberg nicht geliefert, so daß man ihn allenfalls aus Ersatzteilen zusammenbauen kann oder bei einem Händler den Tausch mit einem Motor der Bianchina-Spezial bewerkstelligen muß. Der Aufwand lohnt unserer Meinung nach nicht; bei provisorischen Messunqen stellen wir fest, daß der Sportmotor nicht annähernd Beschleunigung etwa des Puch-Fiat 500 erreicht (0-80 km/h normal ca. 28 sec, Sportmotor ca. 26 sec, Puch-Fiat ca. 19 sec). Trotz interessanter Leistungen speziell hergerichteter Sportmotoren ist der Fiat-Twin offenbar in dieser Richtung wenig entwicklungsfähig, auch der Leistungsgewinn mit Abarth-Umbau ist im Effekt relativ gering. (Je nach Können des Umbauers 0 – 80 km/h in ca. 24 bis 26 sec). Die Fiat-Sportausführung hat 499,5 ccm, Verdichtung 8,6, Bohrung 67,4. Der Sportmotor bringt weniger einen meßbaren als einen fühlbaren Gewinn für die Gesamtfahrleistunq durch Drehfreudigkeit in den Gängen und bergab; insofern steht er dem sportlichen Aussehen der Bianchina gut. Die Preise für höhere Leistung im Fiat 500 stehen jedenfalls nur für besondere Enthusiasten in positivem Verhältnis zu den hohen Aufpreisen. Oft gefragt: Abarth-Auspuff. Er bringt nach unseren Erprobungen ein wenig mehr Drehfreudigkeit in den Gängen, ohne daß sich das in der Fahrleistung meßbar nachweisen läßt. Bei der jetzigen Ausführung des Fiat 500 macht er sich weniger bemerkbar als bei der stärker gedrosselten früheren.

Fiat 500 - technisch betrachtet
Von Kleinwagen großer Firmen weiß man nie, wie echt oder wie „gemacht" der Endpreis ist. Kommt ein Kleinwagen aus einem Riesenwerk wie Fiat, und ist er so billig und gleichzeitig technisch hochstehend wie der Fiat 500, dann wird im Verhältnis von Preis und Bauaufwand eine Preispolitik offenkundig, die uns nur recht sein kann. Denn es wird im Fiat 500 an Kleinwagentüchtigkeit, Gebrauchswert und technischer Harmonie mehr geboten, als der Preis vermuten läßt. Wenn es darum ginge, ein perfektes Kleinwagenrezept zu benennen, es liegt auf der Hand und heißt Fiat 500. Es beginnt damit, daß der Innenraum nicht künstlich aufgebläht ist, sondern offensichtlich Zweisitzigkeit gebietet, um das Verhältnis von 15 PS und knapp 800 kg zulässiges Gesamtgewicht nicht auf einen hoffnungslosen Wert absinken zu lassen. Weder in der Gesamtlänge, die keine 3 Meter mißt, noch im Radstand, der mit 184 cm extrem kurz ist, läßt sich der Fiat 500 aus seinem vernünftigen, ausgeklügelten Kleinwagenkonzept bringen, und er hat sich mit 490 kg Leergewicht kein Kilogramm zuviel oder zuwenig aufgeladen. Er ist ein Leichtbaubeispiel, ohne auf gefährlichen Grenzen zu balancieren. Wie Messungen besagen, ist die freitragende Karosserie ein Körper hoher Gestaltfestigkeit, wobei die kleine Gesamtlänge eine starke Stütze ist. Auch im Kofferraum respektiert er sein typisches Kleinwagenformat. Wenn man so klein ist, ist es auch keine Schande, eher pfiffig, keinen konventionellen Gepäckraum vorweisen zu können. Er verweist das Gepäck auf die Rückbank und betont damit noch einmal, daß er nicht für Kind und Kegel auf großer Reise gedacht ist. Das alles ist bis hierher zwar keine große technische Tat, aber bereits bare bewiesene Vernunft angesichts der 500 ccm. So klein die Zelle, so groß der Motorinhalt – auch darin liegt viel Kleinwagenverstand! Hier liegt die Basis zur technischen Harmonie des Fiat 500, die von Stoßstange zu Stoßstange reicht. Die Vorderräder so zu führen und zu federn, wäre anderen Firmen wohl nicht fein, nicht modern genug erschienen. Dennoch holt der Fiat 500 aus einer Querblattfeder und darüberliegenden Querlenkern hier mehr heraus als handelsüblich ist. Und er lenkt nicht mit einer billigen Zahnstangen-, sondern mit der feinfühligeren Schneckenlenkung! Dieses Federungsvermögen des sehr leichten Wagens und diese Lenkfrömmigkeit, die die kleinen Räder und den sehr kurzen Radstand fast vergessen läßt, ist vorbildlich. Auch hinten dürften die von Schraubenfedern abgestützten Schrägschwingen das erreichbare Optimum an Radführung bringen. Die Räder sind halb pendelnd, halb parallel geführt, und mit diesem Mittelweg als Pendelachse und paralleler Radführung wird aufgezeigt, wie man tadellose Straßenlage eines so kleinen Wagens sichert. Einmaliges Triebwerk: Ein nichtsynchronisiertes Vierganggetriebe ist nichts Neues, ebensowenig ein Paralleltwin. Aber wo ist die zweite klauengeschaltete Getriebekonstruktion, die sich so leicht schalten läßt, daß Synchronisierung kaum vermißt wird? Und wo hat man zuvor schon einen Viertakttwin erlebt, der seine Vibrationen nicht in butterweicher Gummibettung zu ersticken sucht, der nicht samt Auspuffanlage wackelt und der nicht unter Druck und Zug des Schaltgestänges exakter Schaltung ausweicht? Diese Möglichkeiten sind im Fiat 500 vermieden worden. Heute ist seine Motoraufhängung so ausgefeilt, daß selbst im Standlauf keine lästigen Vibrationen mehr auftreten. Hier das Rezept dazu, erstmalig praktiziert von Fiat: nicht quer-, sondern längslaufende Kurbelwelle und die Motorlagerung in einer einmalig gekonnten Kombination aus Gummi und Schraubenfeder. Auch die Auspuffanlage ist erstklassig, das Zweizylindertrommeln ist höchst wirksam gebannt. 15 PS sind sicher die unterste Sprosse der bei 500 ccm möglichen PS-Leiter, bei so starker Drosselung wei8 man aber auch nach dem gegenwärtigen Stand der Motortechnik, daß es sehr betriebssichere, zähe, also hochelastische und voraussichtlich auch dauerhafte PS sind.

aus Roller-Mobil / Kleinwagen vom August 1960 ..............Dieses kopiert von der Page http://www.rund-ums-auto.de